25/2021

Vorbilder*innen oder doch eher Vorbild*innen?

Vorbilder(*innen) in der AusstellungBei diesem Plakat/Teaser schaut man zweimal hin, oder? Kunstvolles Design? Ja, aber das ist es nicht. Bei aller Kreativität: Da stimmt etwas nicht! Und schon bald erhärtet sich der Verdacht, auch wenn die Typografie bei der Headline, dem Blickfang, schon ein wenig Decodierungszeit benötigt. Hat man sie aber erst einmal entziffert, stutzt man zurecht: Natürlich gibt es auch jede Menge weibliche Vorbilder, doch gibt es deshalb auch Vorbilder*innen? Absicht? Man weiß es nicht. Zurzeit scheint aber praktisch alles männlich zu sein, was maskulin ist, und deshalb vorsichtshalber mit einem *innen erweitert zu werden; wir hatten hier ja schon die Gästin und den mutigen Koryphäer als Gegenstück. Doch das Neutrum, das neutrale Genus, war bislang eher unstrittig – wie der Name schon sagt – (geschlechts)neutral. Aber gut, da das Vorbild menschlich ist, kann man es ja doch mal deutlich machen. Wie auch bei Monster*innen oder Talent*innen. Zugegeben, diese Formen sind konstruiert, doch gibt es tatsächlich ein prominentes Beispiel für ein personenbezeichnendes Neutrum, das oftmals fälschlicherweise gegendert wird: das Mitglied. Vermutlich rührt dies daher, dass die Pluralform die Mitglieder – wie auch die Vorbilder – an die männliche Endung bei Personenbezeichnungen erinnert, und dann werden daraus die Mitgliederinnen abgeleitet. Eine Anrede wie »Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder« ist weder sinnvoll noch notwendig, da das Neutrum sowohl Frauen als auch Männer bezeichnet. Anders als bei Mitglieder*innen wäre bei Genie*innen allerdings die Aussprache kompliziert. An die Sprechpause haben wir uns ja schon – wie auch Petra Gerster zu berichten weiß – gewöhnt: Wir lassen sie zunehmend weg. Bei Genie*innen ist das aber schwierig. So oder so: Eine schöne Ausstellung nach Berlin! (21. Juni 2021; Screenshot: Torsten Siever)


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