36/2020

Über Gebühr

(Über-)Sterblichkeit in Deutschland durch COVID-19Exzesse werden mitunter mit etwas Positivem verbunden, obwohl sie Kopfschmerzen oder Reue erzeugen. Gänzlich negativ konnotiert sind sie allerdings im Fall der Sterblichkeit. Exzess-Mortalität bezeichnet in der Demografie die Sterblichkeitsrate, die über dem zu erwartenden Mittelwert liegt: von lat. ex-cedere ›über ein bestimmtes Maß hinausgehen‹. Spätestens seit Corona ist uns diese als Übersterblichkeit bekannt. Wem die Wortbildung ungewöhnlich bis inkorrekt erscheint, dem geht es nicht anders als dem Autor, doch liegt dies nicht an der Struktur, sondern eher an der nachdenklich machenden Bedeutung; ein Blick auf ähnlich gebildete Wörter zeigt, dass man so verfahren kann (alle Beispiele haben übrigens leider etwas mit Übersterblichkeit zu tun): Übergewicht, Überängstlichkeit, Überbeanspruchung. Nur selten wird von Untersterblichkeit gesprochen (die es natürlich ebenso gibt), eher noch von Unsterblichkeit. Letztere gibt es allerdings leider nicht außerhalb der Heldenwelt, die bekanntlich nur in der Jugend, in größter Entfernung zur Sterblichkeit also, nicht als Fiktion einsortiert wird. Auf den letzten Metern schaffen wir es noch zu einem Tipp: Statt exzessiv/übertrieben lässt sich auch über die/alle Maßen (›über-/unmäßig‹) oder über Gebühr (›mehr als einem zusteht‹) verwenden – Letzteres immer ohne Artikel oder adjektivisch als ungebührlich. (31. August 2020; Screenshot: Statistisches Bundesamt)


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