42/2020

Berlin hat keine Schwarzfahrer mehr

Fahrplanauszug (BVG) mit der Straße und Haltestelle MohrenstraßeDer Grund ist ganz einfach: Die rot-rot-grüne Regierung hat sich die Verwendung des Wortes verbeten – für einen »diversitysensiblen Sprachgebrauch«. Deshalb unterscheidet die Landesstelle für Gleichstellung zudem Schwarze von Schwarzen Menschen: Bei Letzteren handele es sich laut Leitfaden um »eine politische Selbstbezeichnung für Menschen, die Rassismuserfahrungen machen. Um dies kenntlich zu machen wird das ›s‹ in Schwarz groß geschrieben.« Die Rechtschreibung scheint der Regierung nicht in allen Fällen von Bedeutung zu sein: Nach machen fehlt ein Komma und großgeschrieben wird zusammengeschrieben. Aber die Großschreibung eines Adjektivs ist in Eigennamen durchaus möglich, wenn etwas z. B. von herausragender Bedeutung ist: die Französische Revolution. Mit der Berliner Revolution und dem Einzug von Schwarze Menschen musste der Terminus Schwarzfahrer aus dem Wörterbuch ausziehen und soll Ausdrücken wie »Fahrende ohne gültigen Fahrschein« weichen. Da auch anschwärzen für die Landesstelle nicht mehr sagbar ist und durch »nachsagen/melden/denunzieren« ersetzt werden soll, dürfen wir uns nicht mehr schwarzärgern und muss dann wohl auch die Wirtschaft auf Schwarzarbeit und Schwarzhandel verzichten, Bäckereien das Schwarzbrot umbenennen und Schwarzseher wohl analog mit ›Fernsehzuschauende ohne Anmeldung ihrer Rundfunkgeräte‹ oder ›Personen mit pessimistischer Perspektive‹ ersetzt werden. Alles in allem ist Berlin jedenfalls zu beglückwünschen, dass es weder Schwarzseher noch Schwarzfahrer mehr hat – auch nicht in der Mohrenstraße. (12. Oktober 2020; Screenshot: BVG)


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