Wissen

Tipp der Woche: 10 Wochen im Rückblick

Rechtschreibfehler oder Schreibvarianten? Oder nur eine stilistische Variante? Wir klären wöchentlich einen Zweifelsfall auf. – Sie haben eine Frage zur Orthografie? Schreiben Sie uns, gern mit Fotobeleg der Auffälligkeit, an info@correctura.com.

KW 6/2020

Glämmer oder Glemmer?

GlamourösUm es vorwegzunehmen: keines von beidem. Aber der Reihe nach ... Am Wochenende ist es wieder soweit: Der wohl bekannteste Filmpreis der Welt wird wieder verliehen. Was uns erwartet: Unmengen an Leinwandgrößen, -gesten und -glamour. Nein, aufgrund der Aussprache könnte man versucht sein, ⟨Glemmer⟩ oder ⟨Glämmer⟩ zu schreiben, doch hat das Wort ebenso wenig mit Lemma wie mit Lämmern gemein. Vielmehr dreht sich wie beim Oscar selbst alles um glamouröse Schauspieler/-innen meist aus dem englischen Sprachraum. Daher schreibt sich das Wort auch nicht mit einem Doppelkonsonanten – also gänzlich anders, als man vermuten könnte. Wie gut, dass sich dies am deutschen Adjektiv schön zeigt – was sich somit als Eselsbrücke eignet, denn im Gegensatz zum Substantiv wird es abweichend vom Englischen eher mit einem langen [a] artikuliert. (03. Februar 2020; Foto: burnnet)

KW 5/2020

Idée fixe und Idefix

weisser Hund schaut aus Gedankenblase herausIm Deutschen werden Adjektive zumeist vor das dazugehörige Substantiv gesetzt, wenn sie attributiv – also als Beifügung – verwendet werden, beispielsweise eine fixe Idee. In anderen Sprachen wie zum Beispiel im Französischen wird hingegen das Adjektiv auch postnominal verwendet, also hinter das Substantiv gesetzt: une idée fixe. Nun wurde dieser Ausdruck aus dem Französischen ins Deutsche übernommen, eine fixe Idee in der Bedeutung ›Zwangsvorstellung‹ kann man also auch als Idée fixe bezeichnen. Übrigens, wer schon die ganze Zeit an einen kleinen Vierbeiner gedacht hat: Der Name des Hundes von Obelix in der Asterix-Reihe basiert tatsächlich auf diesem Ausdruck. Mit diesem Namen sollte einerseits der Charakter der Figur verdeutlicht werden, andererseits endet der Name auf das für die Gallier verwendete Suffix -ix. Bekannt sind neben den drei genannten Figuren auch Miracolix, Troubadix und Majestix. Wer aufmerksam gelesen hat, wird sich gedacht haben: Suffix endet ja auch auf -ix! Das Wortbildungselement am Wortende geht in der Tat wie auch fix auf lateinisch fixus für ›angeheftet, befestigt‹ zurück, es wird also am Ende des Wortes fixiert. (27. Januar 2020)

KW 4/2020

Versandt oder versendet?

Zwei Päckchen mit Beschriftung Wie heißt es korrekt? »Ihre Bestellung wurde versandt« oder »Ihre Bestellung wurde versendet«? Wenn das Verb senden in der Bedeutung von ›schicken‹ verwendet wird, sind beide Formen möglich, wobei die Formen mit a häufiger vorkommen: »Sie sandte (sendete) ihm ein Paket« bzw. »Sie hat ihm einen Brief gesandt (gesendet)«. Der Konjunktiv II von senden lautet übrigens ebenfalls sendete und nicht sändte: »Wenn ich an deiner Stelle wäre, sendete ich ihm eine Postkarte.« Wenn das Verb senden im Bereich der Technik verwendet wird, werden ausschließlich die schwachen Formen gebraucht: »Die dritte Staffel wurde bereits vorletztes Jahr gesendet.« (20. Januar 2020; Infografik: Clker-Free-Vector-Images)

KW 3/2020

Subsumieren und aufsummieren

bunte Fragezeichen auf grünem GrundDie beiden Verben aufsummieren und subsumieren klingen ganz ähnlich und haben auch viel miteinander zu tun, aber warum schreibt man das eine Wort mit einem Doppelkonsonanten, das andere nicht? Beide Wörter sind lateinischen Ursprungs, doch während aufsummieren im Sinne von ›Werte (zu einer bestimmten Summe) addieren‹ auf das lateinische Wort summa für ›Gesamtheit, Summe‹ zurückgeht, liegt dem Ausdruck subsumieren das lateinische Verb sumere, das ›nehmen‹ bedeutet, zugrunde. Subsumieren bedeutet dann entsprechend auch ›ein- oder unterordnen‹ – man nimmt also etwas und ordnet es unter einer Kategorie ein. (13. Januar 2020; Foto: geralt)

KW 2/2020

Eiffelturm

Eiffelturm in ParisWenn Sie zu den Reiselustigen gehören und Silvester statt an Ihrem Heimatort in einer Metropole verbracht haben, waren Sie womöglich in der Stadt des Eiffelturms. Und wenn Sie hierfür die korrekte Schreibung Eiffelturm kennen, ist dies schon ausgezeichnet. Wenn Sie allerdings auch wissen, dass der Name des Turms durchaus eine Verbindung zur Eifel als Mittelgebirgsregion und den damit umgebenden (eher beschaulichen) Städten Aachen, Koblenz und Trier aufweist, ist das hervorragend! Denn letztlich geht die Schreibung auf den Erbauer Alexandre Gustave Eiffel zurück, der als Sohn des in der deutschen Eifel lebenden Leo Heinrich Bönickhausen im 17. Jahrhundert sein Glück in Frankreich gesucht hat. Da dt. ['aɪ̯fəl] frz. [ɛ'fɛl] ausgesprochen wird und der Erbauer natürlich in französischer Sprache geehrt wird (der Turm heißt schließlich la Tour Eiffel), handelt es sich nicht um den Eifel-, sondern um den Eiffelturm – die einzig gültige Schreibung im Deutschen wie im Französischen. (06. Januar 2020; Foto: skeeze)

KW 1/2020

Silvester – Zeit für einen letzten/ersten Schwips

Beschipst-p: nur doppelt sehen oder auch doppelt schreiben?Für die Zustände von Gästen verschwenderischer Silvesterpartys gibt es viele Ausdrücke. Zwar dürfte zu fortgeschrittener Zeit auch die Gleichgültigkeit bezüglich einer geeigneten Bezeichnung und Schreibung zunehmen. Sollte man aber sichergehen wollen (sicher gehen stellt dann eine ganz andere Anforderung dar), dass man das Wort nicht nur aussprechen, sondern auch schreiben kann, sollte man lieber auf Ausdrücke wie berauscht, duselig, angezwitschert oder betütert zurückgreifen – und die Finger von beschwipst/beschwippst lassen. Umgangssprachlich sind sie fast alle; das Problem ist vielmehr das p. Denn laut Duden wird das Wort mit nur einem p geschrieben, obwohl ja einiges für ein zweifaches p spricht: der Kurzvokal etwa oder der angenommene Weg von schwappen (ein Lautwort für ein klatschendes Geräusch von Flüssigkeiten) über schwippen zu beschwipst und Schwips. Bei nüchterner Betrachtung dürfte in Betracht gezogen werden, ob die Schreibung hier nicht korrigiert werden sollte, denn auch der Schwippschwager wird mit Doppel-p geschrieben – nicht nur gesehen. Prost Neujahr! (30. Dezember 2019; Foto: Free-Photos)

KW 52/2019

Christ-, Berg- und andere Stollen

Der Pfosten der WeihnachtszeitWer hat sich nicht schon gefragt, wo das Wort für die süße Sünde zur Weihnachtszeit eigentlich herkommt und ob es womöglich tatsächlich mit dem waagerechten Gang der Bergleute in Verbindung steht? Und tatsächlich ist schon im Althochdeutschen das Wort stollo ›Pfosten‹ bekannt, das sich über mittelhochdeutsch stolle zum heutigen Stollen entwickelt hat. Und genau darum darf man die Köstlichkeit auch [die] Stolle nennen. – Auch wenn dies nun so gar nicht zur Weihnachtszeit zu passen scheint: Zum Stollen beim Fußball gibt es ebenfalls eine Verbindung, denn Bergwerksgang wie Fußballschuh haben gemeinsam, dass man sie mit ›Pfosten‹ sichert. Während die einen Stollen allerdings beim Abtragen von Pfunden helfen, sichern die anderen genau das Gegenteil. Man sollte sich also nicht zu sehr auf den waagerechten Bergwerksstollen stürzen, sondern auch mal zur Stulle greifen, die damit in Verbindung gebracht wird. Nein? Richtig, warum sollte man sich ausgerechnet diesen Monat dafür aussuchen: Jetzt der Stollen, später das derbe Stück Brot. Ein frohes Fest mit Stollen, Plätzchen, Guetzli, Kipfeln/Gipfeln und anderen regionalen Leckereien wünscht Ihnen Ihre correctura! (23. Dezember 2019; Foto: kakuko)

KW 51/2019

Kumulus gegen Sonnenwende: 1m:2n

kumulierte Wolken - nicht kummuliertSolstitium – das muss sich nun wirklich niemand merken (auch wenn Lateinern sol und sistere ›stillstehen‹ bekannt sein könnte). Aber die Übertragung Sonnenwende sollte jedem bekannt sein – je nach Jahreszeit ein Grund für Hochgefühle! Interessant ist aber weniger das Wort, das nicht nur zu Mittsommer in Schweden, sondern auch zu Weihnachten auf der ganzen Welt gefeiert wird, sondern der Zeitpunkt. Ab dem 21.12. nimmt das Helligkeitspotenzial der Tage wieder zu – wie dezent angedeutet aber nur grundsätzlich. Wenn da nicht die Wolken wären … Eine spezifische Gattung ist die Kumuluswolke, die man gern akzentuiert (und wegen des kurzen Vokals) mit zwei ⟨mm⟩ schreiben würde – in diesem Falls leider jedoch falsch. Kumulus kommt wie der Akkumulator von lat. cumulare, was nach so langer Zeit immer noch mit einem ⟨m⟩ geschrieben wird. So wird auch das Anhäufen von Wolken oder Mitsommerfesten nur mit einem ⟨m⟩ geschrieben (kumuliertes Meckern oder Feiern) – auch wenn hier semantisch ein Doppel- oder Dreifach-m ausgezeichnet passen würde! Wie schön, dass wir für den Akkumulator eine Kurzform entwickelt haben, die dann aber auch wieder nicht als Eselsbrücke taugt ... Sonnewende wie Feiertage taugen aber hervorragend, den eigenen Akku wieder aufzuladen. (16. Dezember 2019; Foto: abubibolabu)

KW 50/2019

Komma bei formelhaften Auslassungssätzen

FotobeweisKommata bereiten immer wieder Kopfzerbrechen. Wird eins gesetzt? Und wenn ja: wo? Formelhafte Auslassungssätze müssen nicht mit Komma abgetrennt werden, dürfen es aber: »Die Lesung findet wie angekündigt morgen Abend um 19.30 Uhr statt.« Vor allem bei unvollständigen Nebensätzen, die mit »wie« eingeleitet werden, kann das Komma weggelassen werden: »Wie bereits erwähnt muss hier kein Komma stehen.« Gerade aber, wenn ein solcher Nebensatz länger ist, macht ein Komma den Satz durchaus lesbarer: »Wie bereits im Kapitel 3 unter dem Stichwort ›Kommasetzung‹ erläutert, muss bei formelhaften Auslassungssätzen kein Komma stehen.« (09. Dezember 2019; Infografik: geralt)

KW 49/2019

»Advendskalender«

Schild mit der Beschriftung Endlich ist sie da: die Adventszeit! Die Kinder (und auch manche Erwachsene) haben sich schon lange auf ihren Adventskalender gefreut! Die Adventszeit ist die Zeit der Ankunft Christi, also die Zeit, in der man auf Weihnachten und die Geburt Christi wartet. Das Wort Advent geht auf lateinisch adventus zurück, was so viel wie ›Ankunft‹ bedeutet. Zusammensetzungen mit Advent werden üblicherweise mit einem Fugen-s gebildet: Adventskranz. In Österreich allerdings verzichtet man darauf, dort heißt es Adventkranz oder Adventkalender. Auch bei der Aussprache gibt es einen Unterschied zwischen Deutschland und Österreich und der Schweiz: In den beiden Alpenändern wird Advent meist mit [f] gesprochen. Mit d jedoch wird der Advent in keiner deutschsprachigen Nation geschrieben. (02. Dezember 2019; Foto: Christina Siever)

KW 48/2019

Ideologie oder Idiologie?

Logik und Kreativität im HirnDer alte Mann in Peter Bichsels Kurzgeschichte »Ein Tisch ist ein Tisch« hat keinen Namen, dafür eine aus der Alltäglichkeit erwachsene Form von Idiolalie – eine eigen(artig)e Sprache, die nur er verstehen kann, denn dem Bett sagte er eines Tages nicht mehr »Bett«, sondern »Bild«, dem Tisch »Teppich« und so weiter. Das erste Wortbildungselement idio- bedeutet ›eigen-(artig) oder sonder-(bar)‹ und würde damit eine vorzügliche Eselsbrücke für Ideologie abgeben, wenn dieses Wort nicht korrekt mit e zu schreiben wäre. Die nicht tragfähige Brücke ist aber nicht tragisch, denn das zum Verwechseln ähnliche ideo- bedeutet ›Idee, Begriff, Vorstellung‹ und liefert damit selbst auch eine schöne Brücke (ide[o] wie Idee), denn eine Ideologie umfasst eine ganze Menge Ideen und Vorstellungen/Begrifflichkeiten – wenn auch nicht die besten. Beide Konfixe sind übrigens seltene Instrumente: Am bekanntesten dürfte der Idiot sein, der etwas oder jemanden als ›eigen(artig) oder sonder(bar)‹ kennzeichnet; weniger bekannt dürfte der linguistische Terminus Idiom ›feste Wortfolge‹ oder das zumindest außerhalb der Schweiz nicht so geläufige Idiotikon sein: das Mundartwörterbuch des Schweizerdeutschen. (25. November 2019; Foto: ElisaRiva)

Noch mehr Tipps?