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Tipp der Woche: 10 Wochen im Rückblick

Rechtschreibfehler oder Schreibvarianten? Oder nur eine stilistische Variante? Wir klären wöchentlich einen Zweifelsfall auf. – Sie haben eine Frage zur Orthografie? Schreiben Sie uns, gern mit Fotobeleg der Auffälligkeit, an info@correctura.com.

KW 28/2019

Rational oder rationell?

FotobeweisWas ist eigentlich der Unterschied zwischen den beiden Adjektiven rational und rationell? Rational bedeutet so viel wie ›von der Vernunft ausgehend‹ oder ›vernunftgemäß‹, rationell dahingegen heißt ›wirtschaftlich‹ oder ›zweckmäßig‹. Entsprechend kann es rationale Überlegungen und rationelle Methoden geben. Generell gilt für die Adjektivsuffixe -al und -ell, dass sie konkurrierend nebeneinander existieren. In einer Sprache existieren aber zumeist kaum Doppelformen, die gleichbedeutend sind; häufig wird entweder eine von zwei Varianten aufgegeben oder es kommt zu einer Bedeutungsdifferenzierung, wie auch bei rational und rationell: formal (auf die Form bezogen) – formell (die Umgangsformen beachtend, förmlich), ideal (den höchsten Vorstellungen entsprechend, vollkommen) – ideell (die Idee betreffend) oder real (vorhanden, wirklich) – reell (ehrlich, redlich). (08. Juli 2019)

KW 27/2019

Das Wetter heute ...

Das Wetter (von/ist) heute»Heute« ist ein Adverb. Also kann man es nicht als Attribut vor ein Substantiv stellen (falsch wäre *das heute Wetter, wobei heute Morgen korrekt geschrieben ist) – wohl aber dahinter (das Wetter heute). Ein paar Adverbien lassen sich jedoch mit -ig in Adjektive umwandeln: das heutige Wetter. Beides ist korrekt, stilistisch ist allerdings das Attribut zu bevorzugen. Ohnehin ist die Form Wetter heute auffällig, da heute vorgezogen ist, um den Zeitpunkt des Wetters zu betonen; der syntaktische Normalfall sieht Das Wetter ist heute ... vor. Als Alternative hierzu lässt sich die Phrase Das Wetter von heute verwenden. Wie man es auch verwendet: An der Hitzwelle ändert es nichts. (01. Juli 2019; Foto: Gerd Altmann)

KW 26/2019

Recyceln oder recyclen?

FotobeweisZu Zeiten des Klimanotstands sollte man der Wiederverwertung von Wertstoffen wie Altpapier, Blechdosen, Altkleidern, PET usw. besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Tätigkeit, die dazu erforderlich ist, nennt sich recyceln oder auch recyclen. Beide Schreibungen dieses Infinitivs sind korrekt, wobei die Form »recyclen« an das englische Verb »to recycle« angelehnt ist. Auch für das Partizip II gilt, dass die integrierte Form »recycelt« korrekt ist, aber auch die weniger integrierte Form »recyclet« ist zulässig. Auch die finiten Verbformen können mit beiden Stämmen gebildet werden: »Er recycelt« oder »sie recyclet«, »sie recycelte« oder »er recyclete«. Die Aussprache bleibt unabhängig von der Schreibweise immer gleich. (24. Juni 2019)

KW 25/2019

etc. pp.

FotobeweisBei Aufzählungen, die nicht abgeschlossen sind, kann man entweder vor der Aufzählung die Abkürzung »z. B.« verwenden, oder man kann am Ende die Aufzählung mit »u. a.«, »usw.«, »usf.« oder »etc.« markieren, wobei vor diesen Abkürzungen kein Komma steht: »Für die Party muss ich noch einiges einkaufen: Getränke, Chips, Kuchen etc.« Eine weitere Abkürzung, die am Ende steht, ist »et cetera pp.«. Doch wofür steht eigentlich »pp.«? Es ist die Abkürzung von lateinisch »perge, perge«, zu Deutsch: »fahre fort, fahre fort«. Der Ausdruck »et cetera«, der lateinisch wörtlich »und die übrigen (Dinge)“ bedeutet, und im Sinne von »und so weiter« verwendet wird im Deutschen, wird durch das »pp.« folglich verstärkt. (17. Juni 2019)

KW 24/2019

Jacht oder Yacht?

Fotobeweis»Mein Haus, mein Auto, mein Boot«: ein Klassiker der deutschen Werbegeschichte. Das Boot sollte dabei kein Fischerboot, sondern eher eine Jacht sein. Das Wort Jacht ist im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert bezeugt; es handelt sich um eine Kürzung aus dem älteren Jachtschiff, das auf das niederländische jacht in der Bedeutung ›Jagd‹ zurückgeht. Und wer jetzt schon die ganze Zeit gedacht hat, dass man Jacht doch mit Y schreibt, hat nicht ganz unrecht: Das englische yacht wurde ebenfalls aus dem Niederländischen entlehnt, allerdings wurde die Schreibweise angepasst. Über den englischen Einfluss kam sodann auch im Deutschen die Schreibung Yacht auf, die heute neben der vom Duden empfohlenen und an der Etymologie näher orientierten Schreibung Jacht ebenfalls korrekt ist. (10. Juni 2019)

KW 23/2019

Silhouette

Silhouette zweier junger Menschen, die in die Luft springen, am Strand mit AbendsonneFür die deutschen Ausdrücke Umriss(linie), Schattenriss oder Scherenschnitt gibt es ein Pendant, das aus dem Französischen entlehnt wurde: Silhouette. Die Schreibung wurde beibehalten, Siluette ist keine korrekte eingedeutschte Form. Das französische Wort wiederum geht auf den einstigen französischen Finanzminister Etienne de Silhouette (1709‒1767) zurück, der statt kostbarer Gemälde in seinem Schloss Scherenschnitte aufhängte. Aufgrund des Geizes, der dem Politiker nachgesagt wurde, hatte der Ausdruck zunächst eine negative Konnotation – man bezeichnete damit billige Kunst. Erst später etablierte sich Silhouette als Terminus für Hell-Dunkel-Konturen. (03. Juni 2019; Foto: JillWellington)

KW 22/2019

Menno!

FotobeweisWährend die Interjektionen Mann, Mannomann und Manometer vor allem Ausrufe des Erstaunens sind, ist menno! eher ein Ausruf der Verärgerung, Entrüstung oder Verzweiflung. Doch woher stammt eigentlich der Ausdruck? Das ist leider unbekannt … menno! Im Duden wird jedoch vermutet, dass es eine Kontamination von Mensch und Manno/Mannomann sein könnte. Im Wiktionary wird eine weitere Möglichkeit genannt: Danach entspreche der Ausdruck dem Französischen mais non ›aber nein‹, das nach dem Zweiten Weltkrieg in der französischen Besatzungszone in Deutschland überwiegend von Kindern aufgenommen und später verbreitet worden sei. Im Gegensatz zu den eingangs genannten Interjektionen jedoch wird menno stets kleingeschrieben, was eher fürs Wiktionary und damit für die Entlehnung aus dem Französischen spräche. (27. Mai 2019)

KW 21/2019

Henri oder Henry

Auch ein Henry (mit y)Mohammed ist in drei Bundesländern in den Top 10 der Vornamen vertreten. Nun hat es auch Henry geschafft – sogar in die Gesamtliste der am häufigsten vergebenen Vornamen aus dem Jahr 2018: Laut Datenbank der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) befindet sich Henry auf Platz 9 – oder Henri? Das Gute: Die Schreibung können sich die Eltern aussuchen, was sie auch immer häufiger tun. So steht Henry neben Henri und beide Schreibweisen werden für die Rangliste natürlich zusammengefasst. Wer die englische Variante des Namens bevorzugt, wählt die Schreibvariante mit y, daneben existiert aber auch die französische Schreibweise mit i. Beantragte Namen wie Champagna, Popo, Satan oder Gastritis (kein Scherz!) sind übrigens, egal in welcher Schreibung, unzulässig – zum Schutz des Kindes. (20. Mai 2019; Foto: Gordon Johnson)

KW 20/2019

Ausrufe des Erstaunens

FotobeweisDas Deutsche kennt viele Ausrufe des Erstaunens. Die folgenden Interjektionen, die stilistisch alle als »salopp« einzuordnen sind, werden sämtlich großgeschrieben: Mann!, Mannomann!, Manometer! Manch einer mag nun sagen: »Mannomann, das ist doch unlogisch! Mann schreibt man mit Doppel-n, Manometer nicht?! Menno, ist das kompliziert!« Mann ist ein Ausruf des Staunens, des Erschreckens oder der Bewunderung ohne persönlichen Bezug, d. h., auch Frauen können es verwenden oder sich dadurch angesprochen fühlen: »Mann, hast du einen schicken Bikini!« Alternativ könnte man natürlich »Mensch, hast du einen schicken Bikini!« sagen, doch etymologisch betrachtet ist Mensch ebenfalls von Mann abgeleitet. Mannomann ist eine verstärkte Form davon – sie ist zusammengezogen aus »Mann, o Mann«. Auch Manometer ist sicherlich von Mann abgeleitet, doch unglücklicherweise wird mit demselben Wort auch ein Druckmesser für Gase und Flüssigkeiten bezeichnet, dessen Bezeichnung auf das griechische Wort manós für ›dünn, locker‹ zurückgeht; daher wird auch der Ausruf Manometer! nur mit einem n geschrieben. Mann, Mann, Mann! (13. Mai 2019)

KW 19/2019

Mund-zu-Mund-Propaganda

FotobeweisWer jemanden mündlich weiterempfiehlt, betreibt Mund-zu-Mund-Propaganda. Informationen werden im persönlichen Gespräch »von Mund zu Mund« weitergegeben, sodass sie nach kurzer Zeit »in aller Munde« sind. Mund-zu-Mund-Propaganda muss zwingend mit Bindestrichen geschrieben werden. Wem dies nicht zusagt, der kann auf die kürzere Form Mundpropaganda zurückgreifen, die dieselbe Bedeutung hat, oder auf die obige Paraphrase. Übrigens: In manchen anderen Sprachen heißt es ebenfalls »Mund-zu-Mund«, so im Spanischen (propaganda de boca en boca) oder im Niederländischen (mond-tot-mondreclame); im Französischen hingegen ist die Rede von »Mund-zu-Ohr« (bouche à oreille), was im ersten Moment logischer erscheint – aber eben auch nur im ersten (da es ja auch wieder vom entsprechenden Mund weitergetragen werden muss). Der Schritt des Ohrs muss bei »Mund-zu-Mund« also gedanklich ergänzt werden, zudem auch die empfehlenden »Worte«, die eben von Mund zu Mund gehen. Im Englischen und Italienischen ist dies jeweils realisiert: »word-of-mouth recommendation« bzw. »il passaparola«. (06. Mai 2019)

KW 18/2019

Extase oder Ekstase?

FotobeweisDas aus dem Griechischen stammende Fremdwort »Ekstase« wird nicht wie Fremdwörter aus dem Lateinischen, die mit der Silbe »ex« beginnen, geschrieben. Die wörtliche Bedeutung des griechischen ékstasis lautet zwar ›Aus-sich-Heraustreten‹, d. h. von der Bedeutung her würde das lateinische »ex« für ›aus ... heraus‹ passen, aber der Ursprung des Wortes liegt im Griechischen, wo das Wort zudem die Bedeutung ›Begeisterung, Verzückung‹ hatte. Im Englischen heißt das Substantiv »ecstasy«, seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dies zugleich die allgemeine Bezeichnung für die synthetische Droge. Auch dafür findet man öfters einmal wie auch bei »Extase« die falsche Schreibung »Extasy«. (29. April 2019)

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