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Tipp der Woche: 10 Wochen im Rückblick

Rechtschreibfehler oder Schreibvarianten? Oder nur eine stilistische Variante? Wir klären wöchentlich einen Zweifelsfall auf. – Sie haben eine Frage zur Orthografie? Schreiben Sie uns, gern mit Fotobeleg der Auffälligkeit, an info@correctura.com.

KW 11/2022

Embargo, Blockade, »Quarantäne«

Aufklärungsbild der U. S. Air ForceDas Wort Embargo ist wohl eher unproblematisch hinsichtlich seiner Orthografie, aber es ist ein Wort, das mal nicht (direkt) aus dem Griechischen, Lateinischen oder Englischen entlehnt ist. Schon im 19. Jahrhundert wurde es für die ›Beschlagnahme besonders von Schiffen bzw. ihren Frachten‹ verwendet und geht zurück auf das spanische Verb embargar ›in Beschlag nehmen; behindern‹. Diese Handelsblockade kann sich auf die Einfuhr oder auch Ausfuhr von vor allem Waren beziehen. Historisch beängstigend, im Jahr 2000 spannend in »Thirteen Days« verpackt, dürfte uns dies die Kubakrise von 1962 in Erinnerung rufen, in der John F. Kennedy nicht von einer Blockade (als kriegerischer Akt interpretierbar) sprach, sondern von einer »Quarantäne«. Das Embargo galt für die sowjetischen Mittelstreckenraketen, die Chruschtschow auf Kuba zu installieren beabsichtigte; verhindert werden konnte dies durch die stillschweigende Zusicherung der USA, ihre Atomraketen aus der Türkei zu entfernen. Parallelen zur heutigen Situation lassen sich durchaus ziehen. Leider sieht es aber nicht so aus, als könnte ein Gas- und Öl-Embargo oder eine Sternstunde der Diplomatie den offensichtlich nicht zu verhindernden Krieg in 13 Tagen beenden. (14. März 2022; Foto: U. S. Air Force)

KW 10/2022

Aerosol zum Zweiten

Flagge der UkraineAerosole? Die kennen wir doch bereits aus Pandemiezeiten. Und während sich eben diese endlich wieder zu unkritischen Gaswolken zurückentwickeln, bedrohen die ukrainische Bevölkerung die nächsten Aerosole. Denn durch die Invasion Russlands in die Ukraine und die zunehmend aggressivere Waffennutzung des russischen Militärs begegnet uns leider etwa das Wort Aerosolbombe, die – wie der Name schon sagt – ein Aerosol verteilt, bevor dieses entzündet wird. Details wollen wir hier vermeiden, es geht uns schließlich um die Schreibung, und zwar um Aerosol und nicht Ärosol, was sich aus der Aussprache [ˈaˌeroˈzoːl] ergibt. Das schwer zu artikulierende Wort bedeutet schlicht ›Luft; Gas‹ und wurde von griechisch aḗr ›Luft‹ entlehnt. Bekannte Wörter mit identischem Bildungselement sind aerodynamisch oder Aeroelastizität (bei Flugzeugen). Früher hieß auch das Flugzeug selbst noch Aeroplan. Thermobare Bomben unterscheiden sich von den Aerosolbomben durch einen einzigen Zündungsvorgang, doch auch hier zur Herkunft: -bar ist ein Wortbildungsmittel (Suffix) zu althochdeutsch beran ›tragen; bringen‹ und bedeutet in dieser Verbindung ›wärmebringend‹. Eigentlich ein schönes Wort, wenn damit der Frühling gemeint wäre und es nicht so verheerende Auswirkungen hätte. Der Einsatz beider Arten gegen Zivilisten ist verboten. (07. März 2022; Illustration: jorono)

KW 9/2022

Fotovoltaik

Solarzellen auf einem HausdachAngesichts des Ukraine-Kriegs fragen sich viele Menschen, was der Krieg wohl für Auswirkungen auf das restliche Europa haben wird. Was, wenn Putin das Gas abdreht? Dann ist man mit erneuerbaren Energien wie einer Fotovoltaikanlage gut beraten, denn damit kann man letzten Endes nicht nur Warmwasser produzieren, sondern auch heizen. Doch schauen wir uns das Wort Fotovoltaik etwas genauer an. Es handelt sich dabei um eine Energietechnik, mit der elektrische Energie aus Sonnenenergie gewonnen werden kann. Im Wort steckt Volt (benannt nach Alessandro Volta) für elektrische Spannung und natürlich Foto für griechisch ›Licht‹ (φῶς, phos, im Genitiv: φωτός, photos), das wir auch aus Wörtern wie Fotografie und Fotosynthese kennen. Neben den bisher hier genutzten Schreibweisen, die von Duden präferiert werden, sind heute aber auch immer noch die Varianten Photovoltaik, Photografie und Photosynthese korrekt. Ob nun Fotovoltaik oder Photovoltaik, auf alle Fälle wird es die Umwelt danken. (28. Februar 2022; Foto: RoyBuri)

KW 8/2022

Tag der Muttersprache

Kind liest mit MutterHeute, am 21. Februar, ist der Internationale Tag der Muttersprache. Ihn gibt es seit 2000 und seither hat sich einiges geändert: Erstens nimmt die Anzahl der Muttersprachen ab, denn immer mehr Sprachen sterben aus. Allein diese Tatsache sollten wir uns am 21. Februar vergegenwärtigen. Zweitens ist der Ausdruck seither zunehmend umstritten, denn Kinder haben nicht nur eine Mutter, sondern auch einen Vater. Dieser wird jedoch nur mitgedacht und darüber ließe sich an einem Internationalen Tag der »Muttersprache« nachdenken. Aber die Herkunft des Wortes dürfte klar sein, denn natürlich handelt es sich um einen historischen Ausdruck aus einer Zeit, in der die Mutter ganz selbstverständlich die erste und im Regelfall (bei Wohlhabenden die Ammen) einzige Person war, von der sich das Kind die Sprache angeeignet hat. Drittens wird in der Linguistik eher von Erstsprache oder L1 (Language 1) gesprochen. Und dies ist nicht nur dem Wandel in der Familie geschuldet, sondern auch dem gesellschaftlichen Wandel, denn immer öfter werden gleich mehrere Sprachen erlernt oder es ist durch frühen Ortswechsel gar nicht so klar, welches denn nun die »Muttersprache« ist. (21. Februar 2022; Foto: 2081671)

KW 7/2022

Olympia und die Medaillen

Olympische Spiele (Flagge)Schlecht sieht es nicht aus für die Deutschen: Mit 14 Medaillen liegen sie am Sonntag, 13.02., auf Rang 2 (Österreich mit 14 auf Rang 6, die Schweiz mit 8 auf Platz 9). Oder Medallien? Nein, denn wie Emaille oder Kanaille schreiben sich solche aus dem Französischen stammenden Wörter aille. Medaillon (›Schaumünze‹) gehört in dieselbe Reihe, das sich wie Medaille von lat. metallum (›Metall‹) ableitet. Auch Olympia und Olympiade für ›Olympische Spiele‹ sind aus dem Französischen entlehnt, stammen aber natürlich aus dem Griechischen. Der Olymp war der mythologische Ort, an dem die griechischen Gottheiten residierten, und griech. Olympía der Austragungsort der antiken Sportwettkämpfe – dem höchsten Gott Zeus zu Ehren. Olymp heißt übrigens nicht nur das höchste Gebirge Griechenlands, sondern weitere hohe Gipfel haben diesen Namen erhalten. Der Gottesberg ist aber der thessalische Olymp. Mögen faire Wettkämpfe Medaillen für göttliche Leistungen bringen. (14. Februar 2022; Bild: DavidRockDesign)

KW 6/2022

Apartheids-Vorwürfe

Landschaft in SüdafrikaAmnesty International dürfte vor dem Vorlegen des jüngsten Israel-Berichts damit gerechnet haben, in die Kritik zu geraten: Apartheid ist ein starkes Wort. Den Ausdruck kennen wir aus Südafrika, wo im 20. Jahrhundert eine Trennung zwischen »schwarzer« und »weißer« Bevölkerung stattgefunden hat. Das Tragische daran ist die schöne Herkunft, denn apart bedeutete ursprünglich (auch) ›besonders schön‹ (franz. à parte). Dass das schön nicht immer gilt, zeigt das ital. Wort appartamento, welches ›abgeteilte Wohnung‹ bedeutet und eben Apartheid. Letzteres wurde allerdings indirekt über niederl. apart-heid von afrikaans apartheid ins Deutsche übernommen; eine Anpassung der Schreibung wie bei deutschen Substantiven auf -heit hat nicht stattgefunden. Afrikaans ist Amtssprache nicht nur, aber vor allem in Südafrika – neben zehn weiteren. Die Sprache wurde früher auch als Kapholländisch oder Kolonial-Niederländisch bezeichnet und ist eine vereinfachte Varietät des Niederländischen. (07. Februar 2022; Foto: David Mark)

KW 5/2022

Rechtschreibprüfung in Textverarbeitungsprogrammen

Screenshot zur Rechtschreibprüfung von Microsoft WordHeute einmal ein ganz genereller Tipp zur Vermeidung von Rechtschreibfehlern, aber auch von Tippfehlern: Mit modernen Textverarbeitungsprogrammen können Rechtschreibung und Grammatik geprüft werden. In einem ersten Durchgang sollte diese Rechtschreibprüfung stets genutzt werden, denn so können schon einmal offensichtliche Fehler schnell eliminiert werden. Wichtig ist dabei, dass die korrekte Sprache oder Sprachversion ausgewählt wurde und dass bei »Rechtschreibung und Grammatik nicht prüfen« kein Häkchen gesetzt ist. Bei Textverarbeitungsprogrammen lohnt es sich, neuere Versionen zu kaufen, da die Prüfprogramme in letzter Zeit deutlich besser geworden sind. Aber Achtung: Diese Prüfung ist nur der erste Schritt! Sehr viele Fehler lassen sich ausschließlich bei präziser Lektüre finden und korrigieren. Doch umgekehrt gilt eben auch: Wenn vergleichsweise banale Fehler bereits korrigiert sind, kann sich eine Lektorin oder ein Lektor auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. (31. Januar 2022)

KW 4/2022

Babyfon auf dem Festnetztelefon

Festnetztelefon mit Babyfonfunktion auf dem DisplayHeutige Smartphones sind ja kleine Computer, doch auch moderne Festnetztelefone können mehr, als manche vielleicht vermuten würden. Oftmals findet man eine Babyfon-Funktion, mit dem Geräusche aus dem Kinderzimmer übertragen werden können, indem eine Nummer beispielsweise auf einem Smartphone gewählt wird. Das Wort Babyfon ist ein Kofferwort aus Baby und Telefon, entsprechend schreibt man auch Babyfon und nicht Babyphone. Wie bei vielen Worten gibt es aber auch hier eine zulässige Variante, nämlich Babyphon. (24. Januar 2022; Foto: Christina Siever)

KW 3/2022

Endgültig!

Drei Figuren halten die Buchstaben E, N und D, also ENDWenn etwas von letzter, abschließender Gültigkeit, wenn es unumstößlich und definitiv ist, ja, dann ist es endgültig, und nicht entgültig. Wie kommt es zu diesem häufig angetroffenen Fehler? Es gibt einige Wörter mit dem Präfix ent-, beispielsweise [un]entgeltlich, [un]entbehrlich, [un]entschieden, Entgelt, Entbehrung usw. Komposita dahingegen mit dem Stamm Ende sowie sämtliche Ableitungen von Ende schreiben sich natürlich mit d: Endpunkt und Endsumme sowie [un]endlich, endlos und eben auch endgültig. (17. Januar 2022; Foto: Alexas_Fotos)

KW 2/2022

Renommiert wegen Renommee

Person, die eine Sprechblase mit einem Fragezeichen darauf in der Hand hältWer einen guten Ruf hat, wer hohes Ansehen und Wertschätzung genießt, der hat ein gutes Renommee. Das Substantiv Renommee wurde im 17. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt, und zwar vom substantivierten weiblichen Partizip Perfekt des Verbs renommer, also renommée. Diese weibliche Endung ist der Grund, weshalb es auch heutzutage im Deutschen Renommee und nicht Renomme heißt. Das Verb renommer bedeutet ›wieder ernennen‹ oder ›erwählen‹ sowie ›immer wieder nennen, loben, rühmen‹. Im Deutschen gibt es davon abgeleitet das Verb renommieren, das ›angeben‹, ›prahlen‹ oder ›großtun‹ bedeutet. Gemeint ist hier also, dass man mit seinem eigenen Ruf oder eben Renommee hausieren geht. Im Gegensatz zu dieser negativen Bedeutung hat das in adjektivische Funktion übergegangene zweite Partizip renommiert eine positive Konnotation. Wer renommiert ist, ist ›namhaft‹ oder ›berühmt‹. (10. Januar 2022; Foto: geralt)

KW 1/2022

Wo bleibt Epsilon?

Omikron-VarianteKurz vor dem Jahreswechsel übernimmt die Virusvariante Omikron die Vorherrschaft und viele fragen sich, ob denn nicht Epsilon der Folgebuchstabe von Delta sei. Tatsächlich ist Omikron (όμικρον, ó mikron ›kleines o‹) erst der 15. Buchstabe im griechischen Alphabet; doch wurden tatsächlich die meisten Buchstaben davor vergeben – darunter Lambda und My. Allerdings haben sich diese Virusvarianten nicht in Europa ausgebreitet, sondern verblieben mehr oder weniger in Peru und Kolumbien, wo sie erstmals nachgewiesen worden sind. Zwei Buchstaben wurden jedoch übersprungen: Ny und Xi. Die WHO argumentiert hierbei mit der möglichen Verwechslung mit engl. new (nu) sowie mit der Häufigkeit des Nachnamens Xi (im Chinesischen). Das griechische Alphabet selbst wird ja verwendet, um Herkunftsländer und -regionen vor Diskreditierung zu schützen (früherer Virusname: Wuhan-Virus). Die Schreibung Omicron ist übrigens nicht die altgriechische bzw. typische deutsche Transkription von Kappa, sondern die englische, weshalb sie im Deutschen nicht verwendet werden sollte. Die nächste Variante muss nicht kommen – wenn aber doch, so wird sie Pi lauten. (03. Januar 2022; Foto: Gerd Altmann)

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