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Tipp der Woche: 10 Wochen im Rückblick

Rechtschreibfehler oder Schreibvarianten? Oder nur eine stilistische Variante? Wir klären wöchentlich einen Zweifelsfall auf. – Sie haben eine Frage zur Orthografie? Schreiben Sie uns, gern mit Fotobeleg der Auffälligkeit, an info@correctura.com.

KW 1/2022

Wo bleibt Epsilon?

Omikron-VarianteKurz vor dem Jahreswechsel übernimmt die Virusvariante Omikron die Vorherrschaft und viele fragen sich, ob denn nicht Epsilon der Folgebuchstabe von Delta sei. Tatsächlich ist Omikron (όμικρον, ó mikron ›kleines o‹) erst der 15. Buchstabe im griechischen Alphabet; doch wurden tatsächlich die meisten Buchstaben davor vergeben – darunter Lambda und My. Allerdings haben sich diese Virusvarianten nicht in Europa ausgebreitet, sondern verblieben mehr oder weniger in Peru und Kolumbien, wo sie erstmals nachgewiesen worden sind. Zwei Buchstaben wurden jedoch übersprungen: Ny und Xi. Die WHO argumentiert hierbei mit der möglichen Verwechslung mit engl. new (nu) sowie mit der Häufigkeit des Nachnamens Xi (im Chinesischen). Das griechische Alphabet selbst wird ja verwendet, um Herkunftsländer und -regionen vor Diskreditierung zu schützen (früherer Virusname: Wuhan-Virus). Die Schreibung Omicron ist übrigens nicht die altgriechische bzw. typische deutsche Transkription von Kappa, sondern die englische, weshalb sie im Deutschen nicht verwendet werden sollte. Die nächste Variante muss nicht kommen – wenn aber doch, so wird sie Pi lauten. (03. Januar 2022; Foto: Gerd Altmann)

KW 52/2021

Pros(i)t Neujahr!

Prost!Auch wenn immer mehr Menschen Neujahrsgrüße per Videocall ausrichten, verschickt immer noch jede(r) Zweite Grüße per Messenger. Ergo stellt sich immer noch die Frage, ob die seit dem 19. Jahrhundert übliche Wunschphrase Prosit Neujahr! oder Prost Neujahr! geschrieben wird. Das Gute vorweg: Sie haben die Wahl. Im ersten Fall greifen Sie auf die Herkunftsschreibung zurück: Das lateinische Wort prosit ist 3. Person Singular Konjunktiv Präsens von prodesse und bedeutet ›nützlich sein; helfen‹; bei der optativen Wirtshausformel Möge es nützen/helfen! handelt es sich also um die Übersetzung ins Deutsche. Im zweiten Fall (prost) greifen Sie auf die ans Deutsche angepasst Form zurück, von der im 18. Jahrhundert [zu]prosten abgeleitet worden ist. Das Wort pros[i]t schreibt man übrigens nur am Satzanfang groß, andernfalls klein. Kommen Sie gut ins neue Jahr! (27. Dezember 2021; Foto: Dewald Van Rensburg)

KW 51/2021

O du fröhliche!

bunte Kugeln an einem ChristbaumWenn an Weihnachten die Kinder vor dem Christbaum stehen, rufen sie vor Freude Ah! und Oh!, Ausrufe der Überraschung, der Verwunderung, des Staunens. Und so singen wir auch O du fröhliche und O Tannenbaum, doch halt, was ist eigentlich der Unterschied zwischen o und oh? Die Interjektion wird in Verbindung mit anderen Wörtern meist ohne h geschrieben, so auch in O Wunder. Wenn die Interjektion dahingegen alleine steht oder wenn sie betont wird, dann wird sie meist mit h geschrieben. Jetzt denken sicherlich alle: Oh! Das ist aber einfach! O Gott, wie simpel zu merken! (20. Dezember 2021; Foto: Christina Siever)

KW 50/2021

Potpourri, verfaulter Topf

Weihnachtlich dekoriertes Glas mit Ein Potpourri kennt man einerseits aus der Musik – dort bezeichnet es eine Zusammenstellung verschiedener meist bekannter und populärer Melodien, die durch Übergänge verbunden werden; hier wurde es allerdings vom aus dem Englischen stammenden Medley zurückgedrängt. Andererseits versteht man unter einem Potpourri auch ein ›buntes Allerlei‹ oder ›Kunterbunt‹. Das Wort Potpourri wurde im 18. Jahrhundert von französisch pot-pourri entlehnt, eine Bezeichnung für ein Eintopfgericht, das aus verschiedenen Gemüsesorten und Fleisch gekocht wurde. Wörtlich bedeutet pot-pourri ›verfaulter Topf‹. Um zu wissen, wie man Potpourri schreibt, muss man folglich im Kopf behalten, dass pot ›Topf‹ heißt, zudem muss man sich das Verb pourrir für ›faulen‹ merken. An verfaulte Töpfe allerdings wird man eher nicht denken, wenn man ein musikalisches Potpourri hört oder ein schönes buntes Allerlei sieht. (13. Dezember 2021; Foto: nanairo7clover)

KW 49/2021

Booster als Wellenbrecher?

Impfung gegen COVID-19, Spritzen und dazugehöriger ImpfstoffLiebe Geboosterte und Nicht-Geboosterte, es braucht dringend einen Wellenbrecher, denn es ist schon fünf nach zwölf, das sehen auch die Ampelparteien ein; zunächst brauchen alle einen Booster, für die Zukunft wird eine Impfflicht diskutiert. Alle kursiv gesetzten Wörter bzw. Phrasen sind zu Wörtern des Jahres gewählt worden, im Kontext der Coronapandemie haben sie teils wie der Wellenbrecher neue Bedeutungen gewonnen. Greifen wir uns davon nun das Wort Booster heraus. Im Duden findet man drei verschiedene Bedeutungen: 1) Im Flugwesen ist ein Booster ein Hilfstriebwerk bzw. eine Startrakete, 2) in der Raumfahrt ist damit ein Zusatztriebwerk gemeint und 3) in der Elektronik versteht man darunter einen zusätzlichen Verstärker zum Einbau in Antennen- und Hi-Fi-Anlagen. Im Online-Duden findet man bereits das Verb boostern. Der Anglizismus ist dem Medizinjargon zuzurechnen und geht auf das englische Verb to boost zurück, das ›nachhelfen‹ bzw. ›fördern‹ bedeutet. Im Kontext von COVID-19 versteht man unter einem Booster folglich eine Auffrischungsimpfung mit erneuernder bzw. verstärkender Wirkung. Die Zukunft wird zeigen, ob der Booster zu einem Wellenbrecher werden kann. (06. Dezember 2021; Foto: torstensimon)

KW 48/2021

Kapuze, nicht Kaputze

Mädchen-Portrait mit Kapuze und SchneeflockenDer Herbst ist da, der Winter naht. Um sich vor Regen, Schnee und Kälte zu schützen, ist eine Kapuze sehr nützlich. Die Bezeichnung für diese Kopfbedeckung, die am Halsrand einer Jacke oder eines Mantels angeknöpft oder festgenäht ist, stammt – wer hätte das gedacht? – aus dem Italienischen. Das Wort ist im Deutschen seit etwa 1500 bezeugt und wirkt vermutlich deshalb nicht wie ein Fremdwort. Die Bezeichnung für das Kleidungsstück geht auf das italienische Wort cappuccio zurück, dieses wiederum ist höchstwahrscheinlich vom spätlateinisch-italienischen cappa abgeleitet, das ›Kappe‹ bedeutet. Manche Schreibende gehen bei der Eindeutschung des Wortes noch weiter und schreiben Kaputze, doch diese Schreibung ist leider nicht korrekt – das t gibt es nur bei der Schwester Mütze. (29. November 2021; Foto: Pezibear)

KW 47/2021

Alles paletti mit den Paletten?

Europaletten/Transportpaletten in Blautönen/Grüntönen angemaltPaletten gibt es ganz verschiedene: Einmal ist es eine Scheibe, auf der Malerinnen und Maler ihre Farben mischen können, also ein Farbenmischbrett. Im übertragenen Sinn, basierend auf der Farbenvielfalt, spricht man bildungssprachlich, aber auch im Bereich der Werbung von Palette, wenn eine vielfältige Auswahl vorhanden ist, wenn eine Vielfalt angeboten wird. Im Bereich der Technik und der Wirtschaft versteht man unter Palette einen flachen Untersatz für den Transport von Gütern (mit dem Gabelstapler). Das Substantiv Palette wurde im 18. Jahrhundert aus dem französischen palette entlehnt, dies in der Bedeutung ›Malertafel‹. Das französische Wort geht wiederum auf das italienische paletta zurück. Diese beiden Worte basieren auf einer romanischen Verkleinerungsbildung des lateinischen Wortes pala, das ›Spaten‹ oder ›Wurfschaufel‹ bedeutet, also wörtlich ›kleine Schaufel‹. Hat denn Palette auch etwas mit paletti zu tun? Vermutlich nicht, denn woher die umgangssprachliche Wendung »[es ist] alles paletti« in der Bedeutung ›[es ist] alles in Ordnung‹ stammt, ist unklar. Doch die Schreibung ist bei beiden Wörtern gleich, es heißt weder Pallette noch palletti, wie man zuweilen liest. Mit den Paletten ist also alles paletti, wenn nur ein l geschrieben wird. (22. November 2021; Foto: Lars_Nissen)

KW 46/2021

Enthusiastische Atheisten?

Person steht vor einer Wandtafel, auf der mit weisser Kreide Gibt es eigentlich enthusiastische Atheisten? Im etymologischen Sinne vermutlich nicht. Sicherlich ist allen hier im ersten Satz das doppelte th aufgefallen, und hier steckt auch schon die gemeinsame Wurzel der beiden Wörter. Wer diese kennt, wird sich daran erinnern, wie man die Wörter schreibt. Bei Atheist fällt vielen die Herleitung vermutlich nicht schwer: Das griechische theos kennt man sicherlich aus Wörtern wie Theologie, vielleicht auch vom Theodizeeproblem. Das griechische Wort bedeutet ›Gott‹, a- bedeutet un-, also bedeutet a-theos ›ohne Gott‹, ›gottlos‹ oder auch ›Gott leugnend‹. Das Wort Enthusiasmus geht auf griechisch enthousiasmós zurück, in dem éntheos steckt, zu Deutsch ›gottbegeistert‹. Ein enthusiastischer Mensch ist – im heutigen Sinne – leidenschaftlich begeistert, überschwänglich begeistert. Aber natürlich können Atheisten enthusiastische Menschen sein, und wer weiss, vielleicht entfährt ihnen vor lauter Verwunderung auch einmal der Ausruf Oh mein Gott! (15. November 2021; Foto: geralt)

KW 45/2021

Kann man bei Lese|r/-in trennen?

TrennungDass mit den geschlechterkonformen Kurzformen eine grammatikalische Problematik einhergeht, haben wir an verschiedenen Stellen bereits behandelt. Allerdings gibt es durchaus auch eine orthografische, denn wie trennt man Wörter wie Leser*innen oder auch binär Leser/-innen an den kürzenden Stellen – also um das Sternchen und den Schrägstrich herum? Selbst in universitären Texten begegnet uns immer wieder Leser*|-innen oder Leser-|*innen. Dieser Fehler ist mit großer Wahrscheinlich eine Folge der neuen Aufteilung der Wörter durch das Sternchen. Vor allem durch die Pause, die bei der gesprochenen Genderlücke entsteht, wird dem Wort eine neue Silbenstruktur untergeschoben. Die Silbengrenze verläuft tatsächlich aber bei Le|se|rin anstatt bei *Leser|in (dies sind Teile der Wortstruktur). Der Stern macht also auch silbenseitig keine sonderlich gute Figur. Allerdings verhält es sich mit der traditionellen Kurzform nicht anders: Leser/-in weist vermeintlich die gleiche Struktur auf. Auch die sonst so erfolgversprechende Klammerschreibung hilft hier nicht weiter: Kann man wirklich hinter der 2. Silbe trennen? Lese|r/-in mit ignorierter maskuliner Form funktioniert prima, aber das Wort steht nun mal sowohl für die Lese|rin also auch für den *Lese|r und Letzterer dürfte sich beim Lesen ziemlich (falsch) gespalten fühlen. In solchen Fällen wählt man als für eine Trennung am besten die erste Silbe oder die vollständige Paarform, liebe Lese|rinnen und Leser. (08. November 2021; Foto: MasterTux)

KW 44/2021

Wenn der Tod kommt, ist man tot

Grabmal auf einem herbstlichen FriedhofHalloween, der Abend vor Allerheiligen (auf Englisch: All Hallows’ Eve), Allerheiligen und Allerseelen sind Tage, die uns an die eigene Vergänglichkeit erinnern. Während man in der katholischen Kirche am 1. November aller Heiligen gedenkt, ist der 2. November ein Gedenktag für sämtliche Verstorbenen, oft besucht man an diesem Tag die Gräber von Angehörigen. Mit dem Tod haben viele Menschen Mühe, und auch die Unterscheidung von tod- und tot- ist für viele nicht einfach, zumal aufgrund der Auslautverhärtung beim Sprechen auch kein Unterschied zu hören ist. Der Tod, also das Sterben eines Lebewesens, wird mit d geschrieben, und wenn ein Lebewesen nicht mehr lebt, ist es tot, gewissermaßen ein Totwesen. Das war jetzt natürlich nicht todernst gemeint, dieses Kompositum existiert nicht, doch es gibt viele Zusammensetzungen mit tod- und tot-, die oftmals Schwierigkeiten bei der Schreibung bereiten. Komposita, die das Substantiv Tod als Bestimmungswort haben, schreibt man logischerweise mit d: Todsünde, Todfeind, Todkranker, aber auch Adjektive wie todbereit und todgeweiht. Auch wenn tod- zur Verstärkung im Sinne von ›sehr‹ oder ›äußerst‹ verwendet wird, schreibt man ebenfalls mit einem d: todunglücklich, todmüde, todkrank oder todschick. Wenn dahingegen ein Kompositum das adjektivische Erstglied tot- enthält, schreibt man folglich auch mit t. Es können Verben wie sich totarbeiten, sich totlachen, totschießen, totschweigen oder totschlagen gebildet werden oder Substantive wie Totgeburt, Totgeglaubter, Totschlag oder Totpunkt. Und jetzt wissen todsicher alle, die diesen Tipp gelesen haben, wann sie im Kontext des Sterbens tot- oder tod- schreiben sollten. (01. November 2021; Foto: Pexels)

KW 43/2021

Ungeheuer viele Daten: Terabyte oder Terrabyte?

Computer mit binären Daten, im Hintergrund eine GrossstadtIn unserem digitalen Zeitalter haben wir es täglich mit großen Mengen an Daten zu tun. Viele Menschen haben einen Datentarif, man muss schauen, wie viel Speicherplatz auf dem Handy oder PC noch frei ist. All unsere Daten liegen in Form von Bits und Bytes vor, wobei ein Byte eine zusammengehörige Folge von 8 Bits darstellt. Bit ist ein Kreuzwort, das aus englisch binary digit, also binäre Ziffer gebildet wurde. Doch mit Bytes lassen sich heutige Datenfluten nicht mehr sinnvoll angeben, man benötigt nicht nur Kilobytes, sondern meist mehrere Megabytes. Kilo kennt man von anderen Mengeneinheiten, bedeutet ›tausend‹, mega bedeutet ›groß‹. Ein heutiges Betriebssystem braucht heute Gigabytes (109 Bytes, Milliarde) und sammelfreudige Fotofans Terabytes (1012, Billion). Sowohl Giga- als auch Tera- stammen aus dem Griechischen, gígas bedeutet ›Riese‹, téras ›Ungeheuer‹, aber auch ›außergewöhnliches Vorzeichen‹ oder ›(Wunder-)Zeichen‹. Man schreibt also nicht Terrabyte, das Wort hat nichts mit der Erde zu tun. Tera- zeigt bei Maßeinheiten an, dass die Einheit billionenfach vorkommt; es handelt sich einfach um ungeheuer viele Bytes. Während man im alltäglichen Gebrauch mit ein paar Terabytes gut auskommt, werden auf großen Server(farme)n deutlich mehr Daten verarbeitet. Dort werden dann Petabytes, Exabytes, Zettabytes oder Yottabytes benötigt. Bei den Abkürzungen herrscht ein Wirrwarr aus kleinen und großen Präfix-Buchstaben: kB oder KB, aber lediglich MB, dafür ist auch MByte üblich. Noch mehr Unsicherheit gibt es bei der Umrechnung. Einem Kilobyte entsprechen metrisch 1000 Bytes, binär hingegen 1024 Bytes. (25. Oktober 2021; Illustration: geralt)

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